GEWINNER: »Das Houdini-Gen«

von REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER, 04.02.2014

 

Monospektakel - Der Abschluss des Solofestivals

 

REUTLINGEN. Mit dem Tanztheater-Solo »Derzeit wohnhaft in« über die globale Mobilität und die Schwierigkeiten des Ankommens eines Kolumbianers in der deutschen Wirklichkeit, ist am Sonntag das vierte Monospektakel-Solofestival des Theaters Reutlingen die Tonne zu Ende gegangen.

 

An insgesamt sieben Abenden waren unterschiedliche Solostücke aus dem deutschsprachigen Raum zu erleben – aus denen hat die sechsköpfige Jury (Heinrich Beutel, Ulrike Härter, Genta Hoxhaj, Seyyah Inal, Juliane Kiefner, Ute Raisch) das Beste prämiert. Die Wahl fiel umso schwerer, als laut Jury jede Vorstellung für sich sehr bereichernd war und ein hohes Niveau aufwies. Vier Favoriten kristallisierten sich aber heraus, die jeweils mindestens einmal an erster Stelle gesetzt waren.

 

Letztlich entschied sich die Jury für »Das Houdini-Gen« der Hamburger Companie »Meyer&Kowski« mit Felix Knopp unter der Regie von Marc von Henning – sie gewannen die von der Theater-Ausstatterin Mihaela Gadzheva-Nedelcheva gestaltete und handgefertigte »Tonnella«-Prämie. Die Jury überzeugten die mutige, freche Inszenierung, das intensive Spiel, die immense Präsenz des Schauspielers, die berührende, tief gehende Gesangseinlage und zugleich der Unterhaltungswert des Doppelmonologs.

 

Schwierige Entscheidung

Einige Jury-Mitglieder äußerten den Wunsch, gerade diese Produktion noch ein zweites und drittes Mal erleben zu wollen. Positiv hervorgehoben wurde auch die Idee zu diesem selbst entwickelten Solo – das zwar auf den realen Houdini Bezug nimmt, aber im Gegensatz zu den Produktionen über literarische Vorlagen eine eigene Geschichte darstellt, insofern auch unmittelbar an den Darsteller Felix Knopp gekoppelt.

 

Auf den zweiten Platz kam Barbara Herolds »Von Hollywood nach Uganda«, das auf unterhaltsame Art das politisch brisante Thema afrikanischer Kindersoldaten behandelt und auf den dritten »Kinski – Eine Zustandsbeschreibung« des Vorjahressiegers Bernhard Dechant, das die Ambivalenz der Beschäftigung mit dem außergewöhnlichen Schauspieler und Exzentriker eindrucksvoll zum Ausdruck brachte.

 

Dass gerade die Umsetzungen der bekannten literarischen Vorlagen »Untertan«, »Moskau-Petuski« und »Die verlorene Ehre der Katharina Blum«, nicht zu den Favoriten zählten, lässt sich hauptsächlich daran festmachen, dass dabei Erwartungshaltungen enttäuscht wurden, da teilweise eine andere Sicht auf das Werk gezeigt wurde. Die Schwierigkeit bei derart unterschiedlichen Produktionen ist es, Stoff, Idee, inszenatorische wie schauspielerische Umsetzung und Wirkung gegeneinander abzuwägen, um daraus einen Sieger zu küren – was sich in der langen angeregten Diskussion der Jurymitglieder spiegelte.

 

Insgesamt ist damit ein rundum sehr gelungenes Festival zu Ende gegangen, das auch in Sachen Zuschauerzahl die Vorgänger weit überholte und damit zeigt, dass sich die Idee und das Interesse an Solo-Stücken mit ihrem ganz besonderen Reiz immer mehr in Reutlingen etablieren.

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