Glückliche Tage

von Samuel Beckett

Aus dem Englischen von Erika und Elmar Tophoven

 

»Wieder ein himmlischer Tag«, sagt Winnie beim Erwachen. Bis zu ihrer Taille in einem Erdhügel vergraben, ist sie unter offenem Himmel dem grellen Licht ausgesetzt. In ihrem Rücken – hinter dem Erdhügel – lebt ihr Ehemann Willie, der Zeitung liest und schweigt. Winnie spricht! Und sie zelebriert dabei ihre täglichen Rituale: Morgengebet, Zähne putzen, Schminken, Brille putzen. Beim Sprechen über diese alltäglichen Verrichtungen gleitet sie in Erinnerungen und Träume ab und verdrängt dabei erfolgreich ihre Angst vor Vergänglichkeit und Vereinsamung. »Keine Besserung, keine Verschlimmerung, keine Veränderung« konstatiert sie. »Was macht sie da? (...) Was hat das für einen Sinn? (...) Steckt da bis zu ihren Titten im verdammten Boden – (...) Was bedeutet es? (...) Was soll das bedeuten?« Warum gräbt ihr Mann sie nicht aus? Als am Ende nur noch ihr Kopf aus dem Hügel herausschaut, bleibt sie trotzdem optimistisch: »Was macht das schon, sage ich immer, es wird ein glücklicher Tag gewesen sein, trotz allem wieder ein glücklicher Tag.«

 

Samuel Beckett (1906-1989) wurde in Dublin in einer protestantischen Familie geboren. Nach dem Studium der französischen und italienischen Sprache in Dublin war er in Paris drei Jahre lang Lektor für Englisch an der École Normale Superieure. Dort lernte er 1928 seinen Landsmann James Joyce kennen, der gleichzeitig Mentor und »Übervater« für ihn wurde. Nach weiteren Jahren in Irland, England und Deutschland, machte Beckett 1937 Paris zu seiner Wahlheimat. Die Romane MURPHY (1938) und WATT (1942) schrieb er hier noch in seiner Muttersprache. Die meisten seiner folgenden Werke verfasste er auf Französisch.

 

Während der deutschen Besetzung blieb er in Paris und arbeitete für die Résistance, bis er in die »unbesetzte Zone« bei Avignon wechselte. Dort lebte er als Landarbeiter und schrieb den Roman WATT. 1945 arbeitete er als Freiwilliger für das Irische Rote Kreuz, und zwischen 1947 und 1952 entstanden in Paris seine Romane MOLLOY, MALONE STIRBT und DER NAMENLOSE. In diese Zeit fiel auch die Arbeit an WARTEN AUF GODOT, dem Stück, das ihn nach der Uraufführung im Januar 1953 weltberühmt machte und die Stilrichtung des »Absurden Theaters« mitprägte. Obwohl es beim Publikum auch auf Ablehnung und Unverständnis stieß, bekam das Stück im Laufe der Jahre den Status eines modernen Klassikers. Zwischen 1967 und 1975 inszenierte Beckett auch eigene Werke am Schillertheater in Berlin und formte dadurch den Stil späterer Bühnen-Interpretationen. Zu Becketts bekanntesten Stücken gehören ENDSPIEL (1957), DAS LETZTE BAND (1958) und GLÜCKLICHE TAGE (1961). Die Stücke entwickeln sich in der Regel aus klaren Grundsituationen heraus, um dann ins Absurde abzudriften. Seine Figuren sind versehrte Kreaturen, die ihrer existenziellen Grundbedingungen beraubt sind. In ihrer äußersten Trostlosigkeit wirken sie auf groteske Weise komisch und doch wahrhaftig. 1969 erhielt er für sein umfangreiches Werk den Nobelpreis.

 

Regie: André Bastian

Bühne/Kostüme: Tijen Berber

Schneiderei: Claudia Müller

Mit: Sabine Hollweck und Harald Holstein

 

Premiere am 10. September 2003

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