Monospektakel II
Solo-Festival
Nach der großen Resonanz, die das bundesweit erste Monolog-Festival in der vergangenen Spielzeit am Reutlinger Theater erlebte, gibt es in der Spielzeit 2011/12 eine auf zwei Wochen entzerrte Neuauflage mit völlig neuen eindrucksvollen Solostücken unterschiedlicher Theater.
Wie viele faszinierende Möglichkeiten es für einen einzelnen Spieler auf der Bühne gibt, einen ganzen Kosmos zu erschaffen, eine berührende Geschichte zu erzählen, alle Facetten seiner Kunst auszuspielen, sein Publikum zu begeistern, zeigt diese abwechslungsreiche Auswahl aus der Bandbreite derzeit im deutschsprachigen Raum gespielter Monologe. Die Uraufführung des Erzähltheatersolos EFFI BRIEST von Karin Eppler bildet dabei den Auftakt.
26.01. – 05.02.2012
PLANIE 22 und SPITALHOF
Programm:
26.01. Premiere Effi Briest. Erzähltheatersolo UA | Theater Reutlingen Die Tonne
von Karin Eppler nach Theodor Fontane
In dieser auf eine Schauspielerin zugespitzten Erzähltheaterversion von Fontanes Klassiker wird die Jagd nach Status, die Effis Lebensglück im Wege steht und die noch heute Menschen dazu bringt, aus Angst um ihren Ruf selbst ihre Nächsten zurückzustoßen, besonders herausgestellt, wie auch die Frage nach der eigenen moralischen Unbescholtenheit. Verheiratet mit der Jugendliebe ihrer Mutter, Baron von Instetten, der sie wie ein Kind behandelt, nimmt die junge, temperamentvolle Effi, die abwechslungsversprechende Gelegenheit, die sich ihr durch Major von Crampas bietet, nur zu gerne wahr und ehe sie es sich versieht, ist die moralisch bis dahin völlig unbescholtene in tiefste Konflikte gestürzt, die schwerwiegende Folgen für alles Weitere bringen. Der schmale Grat der der Persönlichkeitsentfaltung unter dem wertenden Blick der Gesellschaft überhaupt bleibt und der ständig drohende Absturz werden dabei intensiv und unmittelbar erlebbar.
Regie/Bühne/Textfassung: Karin Eppler
Mit: Chrysi Taoussanis
27.01. Wo ist besser? | Gastspiel aus Stuttgart
von und mit Felix Kama / Bekolo Mam Me Si
Ein unverhofftes Treffen im Wald rund um die Stuttgarter Solitude brachte sie zusammen: Autor und Darsteller, Felix Kama, ein aus dem afrikanischen Dschungel stammender Prinz und den aus Kiew stammenden Regisseur Andrej Kritenko, die beide verwurzelt in völlig anderen Kulturen nun in Deutschland leben und immer wieder verwundert erleben, wie anders man doch die Welt betrachten kann, wie unterschiedlich die Prioritäten sind, die man in den einzelnen Kulturen setzt und wie sich das wiederum auf Leben und Alltag auswirkt. Aus ihrem lebhaften Erfahrungsaustausch und gemeinsamen Überlegungen ist ein Theaterstück geworden, das mit Witz und Neugierde die Vor- und Nachteile die das eine oder das andere Land bzw. die jeweilige Kultur zu bieten hat, ganz unvoreingenommen präsentiert.
Regie und Übersetzung: Andrej Kritenko
Mit: Félix Kama / Bekolo Mam Me Si
29.01. Faust in the box | Gastspiel aus Berlin
Faust für die Generation Popmusik als Ein-Frau-Theater-Stück mit Handpuppen von Bridge Markland
In einer ganz neuen verdichteten Fassung, in der Popmusik der letzten vier Jahrzehnte (von Elvis, Freddy Quinn über Rolling Stones, Rammstein, Robbie Williams bis Madonna und Pink) eine große Rolle zukommt, um Atmosphäre zu schaffen, Gesagtes zu kommentieren und Gefühle zu transportieren, zaubert Bridge Markland Goethes Klassiker unterstützt von zahlreichen Handpuppen direkt aus der Kiste. In rasantem Wechsel spielt sie den nach seinem Lebensglück und wahrer Erfüllung suchenden Protagonisten, den bei diesem Ansinnen nicht ganz selbstlosen, vielmehr auf seinen Triumph und seine Beute lauernden durchtriebenen Helfer Mephisto und das beim perfiden Deal auf der Strecke gelassene Gretchen und all die anderen verschrobenen Gestalten rund um die bekannte mit lippensynchronem Playback erzählte Geschichte, wobei den Gegenpart im schrägen unterhaltsamen Spiel häufig auch Handpuppen übernehmen.
Regie: Bridge Markland / Heike Gäßler
Mit: Bridge Markland
02.02. Premiere Dionysos | Gastspiel aus Berlin
nach DIE BAKCHEN von Euripides
Dionysos, Sohn des Zeus, der Gott des Weines und des Rausches, kehrt in Menschengestalt in seine Geburtsstadt Theben zurück. Pentheus, der gegenwärtige Herrscher von Theben weigert sich Dionysos` göttlichen Status anzuerkennen. Daraufhin lässt Dionysos alle Frauen Thebens in einen Wahn verfallen und führt sie aus der Stadt auf den Berg Kithairon – darunter auch Agaue, Pentheus´ Mutter. Ein Bote berichtet, die Frauen lebten mit wilden Tieren und schlügen mit Thyrsosstäben gegen die Felsen, so dass Wein herausquelle. Schließlich lässt sich der von dem Gott verblendete Pentheus dazu überreden, selbst als Frau verkleidet diese Orgien zu beobachten. Seine Neugier wird Pentheus zum Verhängnis: die Frauen entdecken ihn und bringen ihn um. Dionysos erscheint erstmals in göttlicher Gestalt und verkündet das Schicksal der Thebaner.
Regie: Oleg Myrzak
Mit: Ilja Pletner
03.02. Monolog mit Monochord | Gastspiel aus Hohenstein
Literarische und musikalische Petitessen von und mit Susanne Hinkelbein
Susanne Hinkelbein, Komponistin und Theaterautorin, präsentiert in dieser Performance eigene literarische Miniaturen und begleitet sich dabei selbst auf dem Monochord. Es sind verschrobene und verschobene Geschichten aus einer Welt im Kopf, deren Asynchronitäten darin verträumt umspielt werden: Spinner und Sonderlinge tauchen auf: Professor Konfusius erklärt die Welt auf noch nie dagewesene Weise. Die beiden kleinen Protagonistinnen Anna und Lisa treten als Däumlinge in Dialog und verbreiten ihre gewitzt liebenswerten und entlarvenden Kommentare zu Gott und der Welt. Der Schäfer Veit erklärt die Alb zum Weltmeer und erläutert die wesentlichen Navigationsregeln mittels seiner Ohrenkarten. Mit ihren Miniaturen für Monochord zaubert Hinkelbein eine ganz neue Klangwelt und verbindet Theatralik, Poesie und Musik auf ihre ureigene Weise.
04.02. Ich, Heinz Erhardt | Gastspiel aus Pforzheim/Oldenburg
von John von Düffel
In dieser Hommage an Deutschlands ersten »Comedian«, der mit Schalk, intelligentem Humor und Freude an Sprachspielereien dadaistische Form mit lebenskluger Ironie und einem Hauch von Melancholie verband und der in seinen Filmen wie auf der Bühne häufig selbstironisch die Rolle des netten, leicht verwirrten Durchschnittsbürgers verkörperte, gibt sein größter anatolischer Fan, für den der Komiker zum Inbegriff deutscher Kultur geworden ist, am Goethe-Institut Istanbul einen Kurs für Auswanderungswillige, der ihnen dank des vielsagenden Anschauungsmaterials zum besseren Verständnis des Deutschseins und zur schnelleren Integration in Deutschland verhelfen soll.
Regie: Ingo Putz
Bühne/Kostüme: Britta Langanke
Mit: Murat Yeginer als Ahmet Erhardt Üzgür
der Partner am Klavier: Christoph Iacono
Co-Produktion von Staatstheater Oldenburg und Theater Pforzheim
05.02. Die Wanze | Gastspiel aus Köln
Die spannende, skurrile Detektivgeschichte, die als Parodie des Genres im Milieu der vielfältigen Krabbler und Flügler angesiedelt ist, wie sie in jedem Garten zu Hauf existieren, ohne dass man auch nur ahnte, welche Dramen sich mit ihnen dicht über oder auch tief unter der Grasnarbe abspielen, erzählt von den überaus abwechslungsreichen Abenteuern von Wanze Muldoon, dem besten Schnüffler – pardon – Privatdetektiv des ganzen Gartens. Nachdem er seiner überaus coolen Art entsprechend quasi mit dem linken Flügeldeckel den tragischen wie doch alltäglichen Fall eines verschwundenen Ohrwurms gelöst hat, will er den Feierabend in Dixies Bar unter den Rhabarberblättern stilvoll ausklingen lassen, doch irgendetwas lässt ihn nicht zur Ruhe kommen: eine diffuse Unruhe macht sich unter den Krabblern breit, einige der sonst doch völlig gleichgetakteten Ameisen tanzen auf einmal aus der Reihe und dann wird Muldoon in der plötzlich turbulenten Eskalation der Ereignisse, bei denen auch den gefürchteten Wespen eine nicht unwesentliche Rolle zuzukommen scheint, tiefer in einen Fall ungeahnten Ausmaßes hineingezogen, als ihm lieb ist und es steht weit mehr auf dem Spiel als seinen guten Ruf zu verlieren…
Regie: Karin Eppler
Mit: Burghard Braun
Eine Produktion des COMEDIA THEATER KÖLN
Das Festival zeigte mit prominenten Gastbühnen von Berlin bis Nürnberg, wie vielfältig Ein-Personen-Stücke sein können. … Kurz: die Tonne trifft mit ihrem ersten deutschsprachigen Monolog-Festival durchaus den Nerv der Zeit. Ein starkes Konzept. Oder um im Monologbild zu bleiben: Einsame Spitze. − RtNa 22.02.11 zum ersten MONOSPEKTAKEL im Februar 2011